Mai: Berni Schär zu Gast beim Panathlon
Vom falschen Handballresultat zum Federer-Universum
In den geschichtsträchtigen Hallen des Rittersaals Solothurn aus dem 17 Jahrhundert erhielten die Vertreter der Panathlonclubs Solothurn und Olten/Zofingen bei ihrem Partner-Anlass einen Einblick in grosse Sportgeschichte. Kult-Radiomann Bernhard, Berni, Schär erzählte aus seiner 30 Jahre dauernden Radiozeit, die den meisten Hörern vom SRF natürlich wegen seiner Reportagen über den alpinen Skisport und Tennis-Weltstar Roger Federer in Erinnerung bleibt.
Aufgewachsen in Herzogenbuchsee, später Gymnasiast in Langenthal, Solothurn als Teenager-Destination und später Wiedlisbach als Lehrertätigkeit. Bernard Schär ist ein Mann der Region, auch wenn er mittlerweile im aargauischen Küngoldingen wohnt. «Immerhin habe ich mir einen Dachstock gebaut, wo ich den Jurasüdfuss im Blickfeld habe», so der pensionierte Radiomann über den Bezug zu seinen Wurzeln.
Unter der Leitung von Moderator Bruno Huber folgen nun einige Reminiszenzen aus über 30 Jahren Radio-Tätigkeit, die der geboren Erzähler Schär so lebhaft erzählt als würden man diese gleich live miterleben und dadurch alle Zuhörer in seinen Bann zu ziehen weiss. Apropos Radio. Schon als Jugendlicher habe er stundenlang vor dem Radio verbracht und den legendären Stimmen eines Gody Baumbergers, Hans Estermanns oder Jean-Pierre Gerwigs gelauscht und versucht, die Reportagen nachzusprechen. «Es faszinierte mich den Hörern ein Bild, ein Erlebnis sprachlich zu vermitteln». Der Traum vom Radiomann lebte also schon früh. Seine ersten journalistischen Sporen verdiente sich der Oberaargauer allerdings bei den Printmedien, dem Regionalteil der Berner Zeitung, womit er einen Teil seines Studiums finanzieren konnte. Als Speaker des Grand-Prix von Bern machte seine Stimme einem Redaktor des Regionalstudios Bern-Wallis-Fribourg derart Eindruck, dass ihn dieser sogleich zu einem Probelauf engagierte. Was damals noch niemand wissen konnte, es war der Eintritt in eine 30 Jahre dauernde Tätigkeit beim Radio.
Sein erster Radioauftritt geriet dann aber ziemlich daneben. Beim frühzeitig vorbereiteten Bulletin hatte er es verpasst, das Handballresultat zwischen Wacker Thun und dem TV Steffisburg vor Sendebeginn in Erfahrung zu bringen und nachzutragen. Als er beim Bulletin dort angelangt, wurde es ihm während des Lesens bewusst und er entschied sich kurzerhand das Resultat mit 27:26 für Wacker durchzugeben. Zahlreiche Telefonate seien auf der Redaktion eingegangen, was für eine neue Stimme da durch den Äther komme, die dann auch noch falsche Resultate durchgebe. Nicht nur das Resultat stimmte nicht, auch den Sieger hatte Berni nicht getroffen.
Nun, es sollte seiner Karriere als Radioreporter nicht schaden. Den grossen Coup landete er 1990, als er es als lokaler Reporter schaffte, das erste Interview mit den russischen Hockeystars Bykow/Chomutow zu führen, welche durch den damaligen «Mister 1000 Volt» und Gottéron-Präsident Jean Martinet nach Fribourg gelotst wurden (dem EHC Olten wurden sie durch den legendären Tino Catti übrigens zuerst angeboten, man lehnte aber dankend ab.) Dieses Interview löste beim damaligen Chef Sport national, Urs Leutert, einiges aus. Er vereinbarte mit Schär ein Gespräch und unterbreitete ihm ein Angebot. Schär willigte ein und beendete seine Karriere als Lehrer in Wiedlisbach.
Mit den Bobkufen im Zimmer
In bester Erinnerung sind Schär seine ersten Olympischen Winterspiele 1992 in Albertville geblieben, als er als «übereifriger Jung-Reporter» (so betitelten ihn die damaligen Grandezzen der Journaille im Nachgang zur nur folgenden Anekdote wohl gleichermassen anerkennend wie neidisch) nicht akzeptieren wollte, dass der spätere Zweierbob-Olympiasieger Gustav Weder nach den ersten zwei Läufen keine Interviews geben wollte. «Und so suchte ich kurzerhand das Hotel auf, in dem Weder einquartiert war, klopfte diesen aus dem Zimmer heraus heutzutage mit alle den Sicherheitsvorschriften undenkbar». Verschlafen habe Gusti die Türe geöffnet und gefragt, was ihm den einfalle, ihn zu stören. Doch Schär insistierte und Weder gewährte im letztlich das Interview, legte sich dabei aber zurück aufs Bett, neben dem übrigens auch seine Bob-Kufen lagen. Berni machte das Interview mit Weder auf Knien vor dem Bett. Weder schadete das Interview nicht, denn er fuhr tags darauf zu Gold, während Berni Schär sich durch dieses Interview endgültig einen Namen machte. Die Final-Läufe Weders kommentierte er - übrigens - händchenhaltend mit seiner frischen Liebe Ursula an der Seite. «Auch völlig unvorstellbar heutzutage, hatte ich doch gar keine Akkreditierung für sie, sondern schmuggelte sie einfach rein.» Gelohnt hat es sich alleweil: Schatz Ursula wurde kurze Zeit später seine Frau und die beiden feiern gerade ihren 30. Hochzeitstag: «Ursula war in all den Jahren unheimlich wichtig für mich, weil sie mich immer unterstützte, obwohl sie wegen meinen langen Abwesenheiten enorm flexibel sein musste, insbesondere bei der Erziehung unserer Sohnes Jonas vieles allein übernahm.»
734 Interviews mit «King Roger»
Die vielen Begegnungen mit den Skistars von Zurbriggen über Müller, Heinzer, Janka und später Cuche bei den Herren oder Figini, Walliser, Nef, Lara Gut bei den Frauen füllten seine Zeit im Winter aus. Den Rest des Jahres verbrachte er aber fortan vor allem mit Tennis und natürlich Roger Federer. «Ich hatte das Glück, in einer Zeit über Tennis zu berichten, wo ein Schweizer Weltstar geboren wurde.» 734 Interviews habe er mit King-Roger am Ende geführt, ihn über 22 Jahre lang begleitet von 1998 bis 2020. An Federer faszinierte ihn nicht nur sein unglaubliches Tennis-Talent und Können, sondern auch sein Wille und Disziplin, seine Intelligenz auf dem Platz, aber auch daneben, sein weltmännisches Auftreten, das ihn zu einem globalen Star aufsteigen liess. Selbstredend, dass Schär näher dran war als die meisten am «Maestro», irgendwie zum Teil des Universum Federers wurde, bei über 70 Grand-Slam-Events und unzähligen weiteren Turnieren, an denen er vor allem über Roger Federer berichten durfte.
Dabei betont er aber auch, dass es eigentlich unfair sei, meistens auf Roger Federer angesprochen zu werden. («Es gab so viele unglaubliche Sportler - allein schon im Tennis ein Stan Wawrinka, dreifacher Grandslam-Sieger, wird fast vergessen - über die ich an 15 Olympischen Spielen und 16 Ski-Weltmeisterschaften berichten durfte»). Aber so sei halt das Geschäft. Letztlich würden vor allem die Sieger wie Federer, Zurbriggen oder eine Lara Gut in Erinnerung bleiben und interessieren. Und auf jene werde er auch nach seiner Pensionierung im April 2021 immer wieder angesprochen. Dabei scheint Berni Schär ein wandelndes Lexikon zu sein, er kann Resultate und Informationen abrufen wie kein Zweiter. Ex-Ski-Grösse Paul Accola habe kürzlich von ihm von ihm wissen wolle, wie viele vierte und fünfte Plätze er eigentlich gemacht habe, wie oft er knapp neben dem Podest gelandet sei. Da benützt dann selbst ein Bernhard Schär das Internet und liefert «Päuli» die Daten. So steht er weiterhin in Verbindung zu vielen ehemaligen Sportlern, ein Privileg aber auch eine Verpflichtung. So schafft es Berni, zwar reihenweise interessante Anekdoten zu erzählen, dabei aber zu persönliches wegzulassen und damit das Vertrauensverhältnis immer zu respektieren. Berni Schär wurde für seine lebhaften Ausführungen von den anwesenden Panathletinnen und Panathleten mit grossem Applaus bedacht und erhielt von Carla Spielmann, Präsidentin des Panathlon Clubs Solothurn, als Dank ein Präsent überreicht.