Talententwicklung im Fokus

Ob eine frühe Spezialisierung im Sport nötig ist oder nicht, hängt teils von der Sportart ab. Welche Sportart früh gefördert werden sollte und wie eine Talentselektion aussehen könnte, erklärte Dr. phil. Michael Romann, Leiter Bereich Trainingswissenschaften Eidg. Hochschule für Sport in Magglingen, den Mitgliedern des Panathlon-Club Solothurn.

„Je vielseitiger sich Kinder und Jugendliche in ihrer Freizeit betätigen, desto Wahrscheinlicher ist es, dass sie längerfristiger dem Sport verbunden und somit gesund bleiben“, sagte Michael Romann. Allerdings gebe es diverse Sportarten, bei denen eine frühe Spezialisierung notwendig sei, sofern sich der Athlet die Spitze als Ziel gesetzt habe. Dazu gehörten vor allem technische Sportarten wie beispielsweise Fussball, Tennis, Hockey, Eiskunstlauf und Kunstturnen. Eine Spezialisierung in jungen Jahren berge allerdings auch gewisse Risikofaktoren: Depressionen, Überlastungsschäden, Verletzungen bis zu Burnouts seien keine Seltenheit, wie der Wissenschaftler erklärt. Das wohl berühmteste Beispiel sei Ariella Käslin.

Anders sieht es bei Sportarten aus, die insbesondere eine gute Kondition erfordern. Beim Rudern, im Triathlon, Radsport oder auch im Langlauf beispielsweise können Athleten viel vielseitiger trainieren – und es dann trotzdem irgendeinmal an die Spitze schaffen. Ein gutes Beispiel ist Dario Cologna.

Verschiedene Talentphasen

So oder so empfiehlt Dr. Michael Romann allen Trainern, eine variantenreiche Grundausbildung, Kinder an ausgewählte Wettkämpfe zu schicken, stets die Freude ins Zentrum zu setzen und die Persönlichkeitsentwicklung der Jugendlichen zu fördern.

Wird bei einem jungen Sportler ein gewisses Talent entdeckt, reicht das jedoch noch nicht aus, um speziell gefördert zu werden. Es folgen verschiedene Selektionsphasen, in denen sich das Talent immer wieder beweisen muss, die gesteckten Ziele erreichen soll – und irgendeinmal der Durchbruch gelingt. In die Selektionskriterien fliessen zusätzlich unterschiedliche Ergebnisse aus wissenschaftlichen Tests und Studien. So würden in etwa auch das biologische Alter, das genaue Geburtsdatum und der unterschiedliche Entwicklungsstand berücksichtigt. Noch nicht verwendet würden heute Ergebnisse aus Gentests. „Da steckt die Forschung noch in den Kinderschuhen“, begründet Michel Romann diesen Entscheid. Bei der Elite fokussiere man sich auf das Entwicklungspotenzial; es gelte nicht nur die aktuelle Leistung. Ebenfalls bedeutend seien die psychologischen Faktoren.

Am Ende beantwortete der Wissenschaftler zwar alle Fragen professionell – ob die Spezialisierung in jungen Jahren oder die Vielseitigkeit in der langfristigen Entwicklung die bessere Variante ist, darüber bildeten sich alle Zuhörer ihr eigenes Urteil.

Bildlegende: Dr. Michael Romann (links) und Peter Wüthrich, Präsident Panathlon Club Solothurn.